Der Leishmaniose-Antikörper-Titer: Wie aussagekräftig ist dieser Laborwert?
Viele Tierärztinnen und Tierärzte in Deutschland und dem Ausland nehmen ausschließlich
den Leishmaniose-Antikörper-Titer, um eine Leishmaniose-Erkrankung und -Aktivität zu
beurteilen. Doch das kann fatale Folgen haben. Wie aussagekräftig ist dieser Laborwert
wirklich?
Die Antworten auf all diese - und weitere Fragen - bekommt ihr in diesem Blogbeitrag.
Heute beginne ich mit einem Beispiel aus der Praxis: Bei einem Hund mit Verdacht auf
Leishmaniose hatte die Tierarztpraxis ein kleines Blutbild plus Leishmaniose-Titer bei einem
Labor in Auftrag gegeben. Das Ergebnis: ein positiver Leishmaniose-Titer von 1,75. Bei dem
Hund handelte es sich um einen Hund, der erst seit kurzer Zeit in Deutschland war.
Deswegen gab die Tierärztin dem Labor den weiteren Auftrag, aus genau derselben
Blutprobe weitere Untersuchungen anzufertigen: Mit der Hilfe eines sogenannten
Reiseprofils sollte abgeklärt werden, ob der Hund möglicherweise an (weiteren)
Mittelmeerkrankheiten erkrankt ist. Zu diesen Tests gehört auch der Leishmaniose-
Antikörper-Titer. Aus derselben Blutprobe desselben Hundes wurde somit erneut der
Leishmaniose-Titer bestimmt.
Und, was kam dabei heraus?! Achtung, hier lag der Wert plötzlich bei 2,2. Es herrschte
Verwirrung pur: Wie kann das sein? Es handelte sich doch um ein und dieselbe Blutprobe.
Die Antwort des Labors lautete, (sie hatten noch ein drittes Mal getestet- wieder ein anderer
Wert) etwas lapidar, dass der Leishmaniose-Titer dann wohl etwa bei 2,0 läge. Also in etwa
der Mittelwert der beiden vorherigen Untersuchungen.
Doch wie kann das sein, was steckt hinter der Titer-Bestimmung im Labor? Dazu einen
kurzen Exkurs: Im Labor wird zur Bestimmung des Leishmaniose-Titers ein sogenanntes Test-
KIT benutzt mit einem künstlichen Leishmaniose-Erreger. Durch ein Verdünnungssystem
bzw. Färbeverfahren wird analysiert, ab wann der Titer positiv ist beziehungsweise wie hoch
dieser ist. Doch beide Verfahren sind fehleranfällig und die Bestimmung eines zuverlässigen
Wertes - so wie im oben genannten Beispiel - nicht immer gegeben.
Beim Leishmaniose-Titer ganz genau hinschauen!
Heißt das also, dass der Leishmaniose-Titer komplett nutzlos ist? Meiner Erfahrung nach
macht es vor allem dann Sinn, den Titer in die Beurteilung mit einfließen zu lassen, wenn er
einen viel größeren Unterschied zu vorherigen Untersuchungen zeigt. Interessant ist dieser
Laborwert Eures Leishmaniose-Hundes also vor allem dann, wenn er im Verlauf große
Ausschläge nach oben zeigt: Ein doppelt oder dreifach erhöhter Wert im Vergleich zum
zuletzt bestimmten Titer sollte also hellhörig machen. Wenn es zum letzten bestimmten
Leishmaniose-Titer lediglich eine Abweichung von 0,2 oder auch 0,5 hat, lässt dies keine
Aussage darüber zu, wie aktiv die Leishmaniose ist.
Genau hingeschaut werden sollte allerdings auch, wenn der Leishmaniose-Antikörper-Titer
im Vergleich zu vergangenen Untersuchungen enorm gesunken ist. So zum Beispiel nach
einer Leishmanizid-Therapie, wenn Euer Hund also mit Milteforan oder Glucantime
behandelt wurde. Wenn der Titer dann nach einigen Monaten stark abgefallen ist oder sogar
im Negativ-Bereich liegt, kann dies -zusammen mit anderen Werten - ein Hinweis darauf
sein, dass die Therapie erfolgreich war.
Die Gesamtsituation eines Hundes muss - ganz individuell - betrachtet werden
Das oben geschilderte Beispiel macht eine Sache ganz deutlich:
Die Entwicklung oder Aktivität einer Leishmaniose-Erkrankung sollte also auf gar keinen Fall
anhand eines Leishmaniose-Titers festgemacht werden. Stattdessen sollten der Verlauf, die
Symptome und weitere Blut- und Organwerte im Fokus der Betrachtung stehen. Auch die
individuelle(n) Therapie(n) gehören mit dazu. Doch viele Tierärztinnen und Tierärzte in
Deutschland fehlt es an Erfahrungen bei der Behandlung von Leishmaniose-Hunden.
Deswegen mein dringender Appell an Euch: Denke selbst daran, dass der Leishmaniose-Titer
als alleiniger Wert nicht aussagekräftig ist!
Fragt gerne ganz genau in Eurer Tierarztpraxis nach oder meldet Euch bei mir. Ich freue mich
darauf, Euch und Eure Leishmaniose-Hunde zu betreuen und offene Fragen zu klären.
Alles Liebe und viel Gesundheit
Eure Susi Rothweiler